Als Mansfield Park gegründet wurde, war das wichtigste Projekt, Berlin eine gute Zimtschnecke zu bringen. Da gab es Zeit für Brot noch nicht überall im Zentrum und die wenigsten Cafés haben welche verkauft. Jetzt glaubt jedes zweite Café eine Form von Zimtschnecken machen zu müssen. Aufgrund meines US-amerikanischen Hintergrunds erinnere ich mich wohlig warm an die riesigen, saftigen Buns von Cinnabon und wollte solche in vegan herstellen können. Es sollten diese Schnecken sein, die groß und knautschig, im Mund zerfließend und bestrichen mit Icing sind, nicht die schwedischen Schnecken, die oft mit viel Abstand zur nächsten gebacken wurden und entsprechend viel Angriffsfläche für Krustenbildung und Trockenheit bieten. Mich verlangt es nach einer großen Schnecke mit viel fluffigem Hefeteig.
Also wurde ein Rezept aus den USA, das ich mal in Cooking light entdeckt und schon lange mit mir rumgeschleppt habe, veganisiert und feingeschliffen. Und das über Jahre hinweg. Angefangen wurde natürlich mit dem Teig:
- Kuhmilch konnte einfach durch Sojamilch ersetzt werden, nicht durch Wasser wie man es öfter mal liest. Der Teig soll reichhaltig sein und da erscheint mir Wasser einfach nicht geeignet, zumal recht viel Flüssigkeit in diesen Teig kommt und Pflanzenmilch im Vergleich mehr Substanz hat.
- Statt Butter kommt hochwertige Pflanzenmargarine in die Zimtschnecken. Öl bringt nichts, da die Menge an benötigtem Fett nicht durch flüssiges Öl ersetzt werden sollte. Der verhältnismäßig hohe Anteil an Fett - verglichen z. B. mit einem Pizzateig, in dem auf 500 g gerade mal ein paar Esslöffel kommen - ist aber wichtig, um den Schneckchen Geschmack (Fett = Geschmacksträger) zu verleihen, ihn weniger zäh, also saftig und somit leicht zu kauen (=mürbe) zu machen. Wie Brioche beispielsweise. Da die üblichen Eier wegfallen und diese ja auch zum Teil aus Fett bestehen, wurde die Margarine zusätzlich etwas erhöht.
- Bei der Hefe wurde auf ein hochwertiges, fein granuliertes und getrocknetes Produkt zurückgegriffen, da es einfacher zu dosieren ist, schnell reagiert und haltbarer ist als Frischhefe.
Nach ausgiebiger Recherche kam ich zu der Erkenntnis, dass es am besten ist, einen Vorteig anzurühren, der ein paar Minuten glatt geknetet wurde, bevor die restlichen Zutaten in die Rührschüssel kommen. So kann sich das Gluten schonmal entwickeln. Das Fett wird als letztes hinzugefügt, nämlich wenn das ganze Mehl schon zu einem klebrigen, wenig schön anzusehenden, aber nicht glatten Teig zusammengekommen ist. Erst wenn die Margarine reinspringt, fängt die Rührmaschine so richtig zu arbeiten an und knetet etwa fünf endlos lang erscheinende Minuten, bis sich der Teig vollständig vom Rand und Boden der Schüssel gelöst hat. Davor sollte man wirklich nicht aufhören. Es braucht das Gluten um aus all der Flüssigkeit und Margarine einen bearbeitungsfähigen Klops zu formen, der nicht an den Fingern und Oberflächen kleben bleibt. Für die bevorstehende Ruhe muss der Teig in eine große und gut geölte Schüssel. Ich decke immer lose mit Plastikfolie ab. Lose, weil es schon mal passiert ist, als die Folie bündig festgezurrt war, dass der wachsende Teig irgendwann keine Luft mehr hatte und sich Alkohol entwickelte - so musste er sterben. Folie, weil die sich sanft an den Teig anschmiegen kann und ich zu oft feuchte Küchentücher ruiniert habe. Die trocknen Teigreste bekommt man nicht mehr davon abgekratzt.
Das erste Gehen: Wurde lange im Kühlschrank über Nacht abgehalten, denn so - und das ist wichtig - entstehen viele kleine Bläschen. Die wollen wir und nicht die großen, wie bei Pizzateig etwa. Ein süßer Hefeteig muss feinporig sein und die bekommt man nur durch langsames Gehen. Der Teig entwickelt sich viel gleichmäßiger und ist beim Rollen wesentlich besser zu Handhaben. Da die fertig gerollten Schnecken aber dann noch recht kalt sind, dauert die zweite Gehphase entsprechend länger. Wenn ihr euch für die Kühlschrank-Variante entscheidet - und das ist mein wahrscheinlich bester Tipp - ist es fundamental wichtig, dass die Schnecken warm sind, bevor sie in den Ofen gehen. Sie müssen zusammengewachsen sein und sich lauwarm anfühlen. Denn andernfalls bekommt ihr sehr braune Cinnamon Buns und das möchtet ihr nicht! Die sind dann nämlich trocken und haben eine feste Kruste. Das. Ist. Schlecht.
Die Alternative zum kalten Gehen ist, dem Teig etwa eine Stunde bei warmer Temperatur zu gönnen, wobei ich persönlich ein Konstrukt über dem Heizkörper gebaut habe, wo die Temperatur immer gleich ist - wohlig warme 30°C.
Beim Ausrollen sollte darauf geachtet werden, dass der Teig nicht zu dünn wird. Fingerdick ist das Maß. So kommen am Ende saftige Schnecken raus. Denn ich habe es auch schon mit der stylischen Zimtschnecke probiert, die sich aus vielen dünnen Schichten zusammenrollt. Die trocknen aber schnell aus und sind letztlich echt nicht gut. Es soll viel saftiger Teig sein, den man knautschen und dekadent auseinander zupfen kann. Er soll die Zimtfüllung aufsaugen können, sie soll ihn bereichern und nicht überfordern. Deshalb achte ich immer auf die Länge des Teiges - jede Schnecke hat 6 cm - und nicht auf die Breite. Die ergibt sich dann von selbst. Wichtig ist auch, dass gleichmäßig ausgerollt wird und die Enden nicht zu dünn werden, weshalb sie am besten nicht zu häufig überrollt, sondern nur in Form gebracht werden sollten. Schöne Ecken sind ausschlaggebend. Denn wenn die Zimtfüllung drauf kommt und der Teig eingerollt wird, dann sollten auch die Randstücke formschön sein.
Besagte Füllung ist bei Mansfield Park eine homogene Paste. Ein Aufstrich. Überall soll gleich viel Zimt, Zucker und Margarine sein. Das geht am einfachsten, indem aus weicher Margarine, weißen sowie braunem Zucker und gutem Ceylon-Zimt eine cremige Paste gerührt wird. Die kann dann dünn und gleichmäßig auf den ausgerollten Teig gestrichen werden. Nur darauf achten, dass bis zu den Rändern gestrichen wird, außer bei einer Längsseite, wohin aufgerollt wird. Wenn nämlich bis dorthin bündig gerollt bzw. viel eher rollend eingeschlagen wird, dann muss der dünne Streifen an der übrigen Rolle festgeknipst werden. So behält jede Schnecke ihre Form.
Je nach Methode, die für das erste Gehen gewählt wurde, sollten die Schnecken dann ein zweites Mal mit Plastikfolie abgedeckt zwischen 30 und 60 Minuten gehen. Bis sie zusammengewachsen sind - das ist ganz wichtig! Vorausgesetzt natürlich, es wurde nicht eine zu große Backform gewählt. Die sollte gerade so viel Raum bereithalten, dass etwa ein halber Zentimeter zwischen jeder Schnecke ist.
Sobald sich die Schneckchen berühren und beim Daumendruck etwas Zeit benötigen um zurückzuspringen, dann können sie bei 170°C für etwa 12 Minuten backen. Die Cinnamon Buns sollten mit Alufolie abgedeckt werden, sobald ihr eine leichte Bräune seht. Also Folie drauf, Form rotieren und nochmal ca. 18 Minuten backen. Das beste Indiz für fertige Zimtschnecken ist, wenn die zwei mittigen dem Daumendruck nicht mehr nachgeben und der Teig reißt.
Raus aus dem Ofen damit und direkt mit geschmolzener Margarine bestreichen. Das ist ein essenzieller Schritt auf dem Weg zu einer saftigen Zimtschnecken OHNE harte Kruste. Wenn ihr brotähnliche Buns wollt, dann könnt ihr auch das alles hier sparen und statt Weizenmehl welches aus Dinkel nehmen. Wenn es euch aber nach super guten Schneckchen verlangt, dann bestreicht sie mit Margarine und bleibt bei 405er Weizenmehl (ausgiebiges Verköstigen hat ergeben, dass 550er null Unterschied macht). Bei Mansfield Park stellt den Abschluss eine dickflüssige Fettglasur mit Karamell und Vanille dar. Die hält die Buns auch zusätzlich vom Austrocknen ab. Das heißt aber nicht, dass sie am nächsten Tag noch köstlich sind. Hefeteig ist nichts für den Folgetag. Sie müssen direkt verdrückt werden!
Zuletzt ein kurzer Bericht über Zimtschnecken in Berlin: Mein Partner hat mal eine von Zeit für Brot probiert. Die war nicht so fluffig und toll wie die lange Schlange dort suggerieren könnte. Brammibal hat welche, deren Teig echt in Ordnung ist, die Glasur hat aber einen seltsamen Beigeschmack. Beumer und Lutum bäckt etwas, das sie Zimtschnecke nennen, aber das geht gar nicht. Nach all der Zeit habe ich noch immer keine Bäckerei entdeckt, die in ihrem Programm eine sehr gute Zimtschnecke führt. Hinterlasst Kommentare, wenn ihr bei der Suche weiter seid.
Toller Artikel :D
Ich bin mir nicht mehr ganz so sicher, aber ich meine, beim Bäcker Ladewig gute gegessen zu haben. Zwei Querstraße weiter von Beumer & Lotum, Oppelner Str. am Schlesi.